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Mein Weg aus dem Schweigen – wie ich gelernt habe, wieder zu fühlen


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Es fällt mir nicht leicht, das zu schreiben. Auch jetzt, während ich diese Zeilen verfasse, merke ich, wie sehr dieser Text etwas mit mir macht. Doch ich weiss, wie wichtig es ist, meine Geschichte zu teilen – meine Geschichte über sexuelle Grenzverletzungen und meinen Weg zurück zu mir selbst.


Ich habe als Kind einen sexuellen Übergriff erlebt. Diese Erfahrung hat mich tief geprägt – lange Zeit, ohne dass ich es selbst verstanden habe.

Jahrzehntelang habe ich geschwiegen. Ich habe verdrängt, weggeschoben und tief in mir vergraben. Bis ich 41 Jahre alt war, habe ich mit niemandem darüber gesprochen. Ich wusste nicht mehr, ob es wirklich passiert war oder nicht. Und wenn die Erinnerungen kamen, habe ich mir eingeredet: „Es war doch nicht so schlimm.“


Doch mein Körper wusste es. 

Mein Herz wusste es.


Wie viele Frauen nach sexuellen Übergriffen habe ich gelernt, einfach zu funktionieren.

Um zu überleben, habe ich meine Gefühle abgeschaltet. Ich habe mein Inneres streng kontrolliert und niemanden mehr wirklich an mich herangelassen. Schicht für Schicht baute ich eine Mauer – um mein Herz, um meine Seele.


Nach aussen funktionierte ich. Doch in mir war Leere. Ich fühlte mich nie richtig.

Ich lebte nicht – ich existierte nur. 

Ich hatte mich selbst verloren – ein Gefühl, das viele Frauen kennen, die einen Übergriff erlebt haben.


Als ich meine Ausbildung als Lebenscoach begann, kam alles wieder hoch. Zum ersten Mal wurde mir klar, was diese Erlebnisse wirklich mit mir gemacht hatten. Ich verstand, wie sehr ich mich selbst verloren hatte.


Das erste Mal, offen über meine Geschichte zu sprechen, war einer der befreiendsten Schritte meines Lebens. 

Plötzlich musste ich nicht mehr ständig aufpassen, was ich sage. Ich musste meine Gefühle nicht mehr unterdrücken.


Doch was einfach klingt, war ein langer, tiefer und manchmal schmerzhafter Prozess. Es hat Mut gebraucht. So viel Mut.


Ich hatte das grosse Glück, auf meinem Weg von wunderbaren Menschen begleitet zu

werden – Menschen, die mich verstanden haben, die mir Raum gaben, zu fühlen. Auch

wenn es manchmal streng war, war es zugleich so befreiend.


Der Weg war nicht einfach – doch mit ihm habe ich mir das schönste Geschenk gemacht: Er hat mich Stück für Stück näher zu mir selbst gebracht.


Und das, was daraus entstanden ist, ist: Befreiung. Leichtigkeit. Leben.


Dieser Weg hat mir gezeigt, dass Heilung möglich ist – auch nach jahrelanger Scham, Schuldgefühlen und Verdrängung.


Heute spüre ich, wie meine Mauer immer kleiner wird. 

Ich kann wieder fühlen. Nähe ist möglich. Und meine Wahrheit bekommt Raum.


Ich schreibe diese Zeilen nicht, weil es einfach ist, sondern weil ich weiss: Niemand sollte diesen Weg alleine gehen müssen.


Vielleicht erkennst du dich in meinen Worten wieder. Vielleicht trägst du selbst etwas in dir, über das du nie gesprochen hast – vielleicht aus Scham, aus Angst oder weil du es so lange verdrängt hast, dass du selbst nicht mehr weisst, ob es wirklich passiert ist.


Dann möchte ich dir sagen: Du bist nicht allein. Es gibt Wege, Unterstützung und Menschen, die dich tragen können.


Heilung nach sexuellen Übergriffen ist möglich. Es braucht Mut, doch dieser Mut lohnt sich.


Denn dahinter wartet ein Leben, das frei, leicht und lebendig ist. 

Ein Leben, in dem du dich wieder spüren darfst.





 
 
 

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